Hilfen zur Erziehung
Allgemein
Eltern haben das Recht auf eine Hilfe zur Erziehung (HzE), "wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist" (§ 27 Abs. 1 SGB VIII). Hilfen zur Erziehung (§§ 27-35 SGB VIII) richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall und werden den Familien oft auch dann angeboten, wenn es bereits zu einer Kindeswohlgefährdung gekommen ist.
Frühe Hilfen werden in der Regel unterhalb dieser Schwelle tätig. Bei komplexen Problemlagen oder für die Abklärung einer möglichen Gefährdung des Kindes haben sich in der Praxis verschiedene Kooperationsmodelle von Frühen Hilfen und HzE etabliert (z.B. Arbeit in der Familie im Tandem mit einer Sozialpädagogischen Familienhilfe).
Zum Teil wird eine aufsuchende Betreuung und Begleitung von Familien im Rahmen der Frühen Hilfen vor Ort auch über Hilfen zur Erziehung (z.B. nach § 27.2 SGB VIII) geleistet.
Ergebnisse
2022 erhielten rund 1,1 Millionen junge Menschen unter 18 Jahren und ihre Familien Hilfen zur Erziehung. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der minderjährigen Hilfeempfänger um rund 3% gesunken. Nachdem die Zahl erzieherischer Hilfen nach einem kontinuierlichen Anstieg seit 2008 im Corona-Jahr 2020 unter die Millionenmarke gesunken ist, ist sie 2021 und 2022 wieder leicht angestiegen.
Erziehungsberatung
Leistungen der Erziehungsberatung machten in 2022 rund 40% aller Hilfen zur Erziehung in der Altersgruppe 0-17 Jahren aus. Die Beratung von Kindern, Jugendlichen und Eltern bei individuellen oder familienbezogenen Problemen wird überwiegend von Erziehungs- und Familienberatungsstellen erbracht. Erziehungsberatung kann von Ratsuchenden direkt in Anspruch genommen werden und ist für den Hilfesuchenden kostenfrei.
2022 lag die Fallzahl bei den Erziehungsberatungen für Menschen unter 18 Jahren bei 439.192 (Bestand am 31.12.2022 und in 2022 beendete Hilfen). Sie liegt damit rund 9% über dem Vorjahreswert. In 36.560 Fällen bezog sich die Beratung dabei auf ein Kind unter 3 Jahren. In dieser Altersgruppe wurden im Vergleich zum Vorjahr 6% mehr Beratungshilfen geleistet.
Ambulante und teilstationäre Hilfen zur Erziehung
Zu den familienergänzenden bzw. familienunterstützenden Hilfen zählen familienorientierte Hilfen (wie z.B. Sozialpädagogische Familienhilfe) ebenso wie am jungen Menschen orientierte Hilfsangebote (wie z.B. Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung).
2022 lag die Zahl der durch ambulante und teilstationäre Hilfen zur Erziehung insgesamt betreuten jungen Menschen unter 18 Jahren bei 435.814 (am 31.12.2022 bestehende und in diesem Jahr beendete Hilfen). In 9,1% der Fälle (39.533) handelte es sich dabei um Kinder unter 3 Jahren.
Stationäre Hilfen zur Erziehung
In einigen Fällen reichen familienunterstützende bzw. –ergänzende Hilfen nicht aus, um eine dem Wohl des Kindes/Jugendlichen entsprechende Erziehung zu gewährleisten. In diesen Fällen kann eine Erziehung außerhalb des Elternhauses erforderlich sein. Grundsätzlich ist dabei zu unterscheiden zwischen der Unterbringung des Minderjährigen in einer Einrichtung und der Unterbringung in einer Pflegefamilie.
2022 lag die Zahl der in stationären Einrichtungen betreuten Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren bei 89.809 (am 31.12.2022 bestehende und in diesem Jahr beendete Hilfen). In Pflegefamilien wurden im selben Zeitraum 76.789 Minderjährige betreut. In 9.303 Fällen von Fremdunterbringungen (1.720 stationäre HzE und 7.583 Vollzeitpflegen) handelte es sich dabei um Kinder unter 3 Jahren.
Hilfen zur Erziehung aufgrund einer Kindeswohlgefährdung
Der Anteil begonnener Hilfen zur Erziehung aufgrund einer Gefährdungseinschätzung ist in den vergangenen Jahren angestiegen. Bei den familienorientierten ambulanten Hilfen betrug dieser Anteil 2020 rund 18%, bei Fremdunterbringungen in einer Pflegefamilie lag er bei rund 22%, bezogen auf Unterbringungen in Heimerziehung bei 17%.
Mit Blick auf die erzieherischen Hilfen, die nach Feststellung einer Kindeswohlgefährdung eingeleitet wurden, zeigt sich in den letzten Jahren (2017-2020) ebenfalls ein leichter Anstieg. Bei den ambulanten Hilfen von 5 auf 5,7%, bei den Unterbringungen in Vollzeitpflege von 17 auf 19% sowie bei den Heimunterbringungen von 9 auf 11%.
Bei Kindern im Alter von unter 3 Jahren ist demgegenüber der Anteil familienersetzender Hilfen in stationären Einrichtungen oder Vollzeitpflegen aufgrund einer Kindeswohlgefährdung in den vergangenen Jahren - bei gleichzeitig steigenden Fallzahlen – ungefähr gleichgeblieben und lag zuletzt 2022 bei 36 bzw. 33% (vgl. Abbildungen 1 und 2).
Tab. 1: Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung bei unter 3-Jährigen in 2022 (Deutschland insgesamt; abgeschlossenen und andauernde Hilfen zum 31.12.)
Erziehungsberatung | Ambulante/teilstationäre Hilfen zur Erziehung | Familienersetzende Hilfen (Heimerziehung und Vollzeitpflege) | Familienersetzende Hilfen aufgrund einer Gefährdung des Kindeswohls (nur in 2022 begonnene Hilfen) | ||
absolut | 36.560 | 39.533 | 9.303 | 1.997 | |
pro 10.000 der Altersgruppe | 155 | 168 | 40 | 9 |