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Hilfen zur Erziehung

Allgemein

Eltern haben das Recht auf eine Hilfe zur Erziehung (HzE), "wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist" (§ 27 Abs. 1 SGB VIII). Hilfen zur Erziehung (§§ 27-35 SGB VIII) richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall und werden den Familien oft auch dann angeboten, wenn es bereits zu einer Kindeswohlgefährdung gekommen ist. 

Frühe Hilfen werden in der Regel unterhalb dieser Schwelle tätig. Bei komplexen Problemlagen oder für die Abklärung einer möglichen Gefährdung des Kindes haben sich in der Praxis verschiedene Kooperationsmodelle von Frühen Hilfen und HzE etabliert (z.B. Arbeit in der Familie im Tandem mit einer Sozialpädagogischen Familienhilfe).  

Zum Teil wird eine aufsuchende Betreuung und Begleitung von Familien im Rahmen der Frühen Hilfen vor Ort auch über Hilfen zur Erziehung (z.B. nach § 27.2 SGB VIII) geleistet. 

Ergebnisse

2020 erhielten erneut rund 937.000 junge Menschen und ihre Familien Hilfen zur Erziehung. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Hilfeempfänger um rund 5%  gesunken. Damit ist die Zahl erzieherischer Hilfen nach einem kontinuierlichen Anstieg seit 2008 erstmals zurückgegangen und unter die Millionenmarke gesunken. Hintergrund dieser Entwicklung sind vermutlich die allgemeinen Kontaktbeschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie. 

Erziehungsberatung

Leistungen der Erziehungsberatung machten in 2020 rund 33% aller Hilfen zur Erziehung aus. Die Beratung von Kindern, Jugendlichen und Eltern bei individuellen oder familienbezogenen Problemen wird überwiegend von Erziehungs- und Familienberatungsstellen erbracht. Erziehungsberatung kann von Ratsuchenden direkt in Anspruch genommen werden und ist für den Hilfesuchenden kostenfrei.

 

2020 lag die Fallzahl bei den Erziehungsberatungen bei 438.452 (Bestand am 31.12.2020 und in 2020 beendete Hilfen). In 34.977 Fällen bezog sich die Beratung dabei auf ein Kind unter 3 Jahren.

Ambulante und teilstationäre Hilfen zur Erziehung

Zu den familienergänzenden bzw. familienunterstützenden Hilfen zählen familienorientierte Hilfen (wie z.B.  Sozialpädagogische Familienhilfe) ebenso wie am jungen Menschen orientierte Hilfsangebote (wie z.B. Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung).

2020 lag die Zahl der durch ambulante und teilstationäre Hilfen zur Erziehung insgesamt betreuten jungen Menschen bei 389.271 (am 31.12.2020 bestehende und in diesem Jahr beendete Hilfen). In 10,2% der Fälle (39.740) handelte es sich dabei um Kinder unter 3 Jahren. 

Stationäre Hilfen zur Erziehung

In einigen Fällen reichen familienunterstützende bzw. –ergänzende Hilfen nicht aus, um eine dem Wohl des Kindes/Jugendlichen entsprechende Erziehung zu gewährleisten. In diesen Fällen kann eine Erziehung außerhalb des Elternhauses erforderlich sein. Grundsätzlich ist dabei zu unterscheiden zwischen der Unterbringung des Minderjährigen in einer Einrichtung und der Unterbringung in einer Pflegefamilie.

2020 lag die Zahl der in stationären Einrichtungen betreuten Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren bei 90.708 (am 31.12.2020 bestehende und in diesem Jahr beendete Hilfen). In Pflegefamilien wurden im selben Zeitraum 79.951 Minderjährige betreut. In 10.564 Fällen von Fremdunterbringungen (2.131 stationäre HzE und 8.433 Vollzeitpflegen) handelte es sich dabei um Kinder unter 3 Jahren. 

Hilfen zur Erziehung aufgrund einer Kindeswohlgefährdung

Der Anteil begonnener Hilfen zur Erziehung aufgrund einer Gefährdungseinschätzung ist in den letzten Jahren angestiegen. Bei den familienorientierten ambulanten Hilfen betrug dieser Anteil 2020 rund 18%, bei Fremdunterbringungen in einer Pflegefamilie lag er bei rund 22%, bezogen auf Unterbringungen in Heimerziehung bei 17%. (vgl. StaBu 2021; Berechnungen der AKJStat). 

Mit Blick auf die erzieherischen Hilfen, die nach Feststellung einer Kindeswohlgefährdung eingeleitet wurden, zeigt sich in den letzten Jahren (2017-2020) ebenfalls ein leichter Anstieg. Bei den ambulanten Hilfen von 5 auf 5,7%, bei den Unterbringungen in Vollzeitpflege von 17 auf 19% sowie bei den Heimunterbringungen von 9 auf 11%.

Bei Kindern im Alter von unter 3 Jahren ist demgegenüber der Anteil familienersetzender Hilfen in stationären Einrichtungen oder Vollzeitpflegen aufgrund einer Kindeswohlgefährdung im Vergleich zum Vorjahr - bei gleichzeitig steigenden Fallzahlen – ungefähr gleichgeblieben und lag zuletzt 2020 bei 40 bzw. 35% (vgl. Abbildungen 1 und 2).

Tab. 1: Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung bei Säuglingen und Kleinkindern in 2020 (Deutschland insgesamt; abgeschlossenen und andauernde Hilfen zum 31.12.)

  Erziehungsberatung  Ambulante/teilstationäre Hilfen zur Erziehung  Familienersetzende Hilfen (Heimerziehung und Vollzeitpflege)  Familienersetzende Hilfen aufgrund einer Gefährdung des Kindeswohls (nur in 2020 begonnene Hilfen)  
absolut 34.977 39.740 10.564 3.436  
pro 10.000 der Altersgruppe 149 169 45 15  
Quelle: Statistisches Bundesamt (2021): Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe. Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen, Hilfe für junge Volljährige 2020; eigene Berechnungen.

Abb. 1: Entwicklung des Anteils begonnener stationärer Hilfen aufgrund einer Kindeswohlgefährdung bei unter 3-Jährigen (Deutschland; 2008-2020; begonnene Hilfen; in Prozent)

Hinweis: Für 2018 liegen aus Gründen der statistischen Geheimhaltung keine differenzierten Daten vor.

Quelle: Statistisches Bundesamt (verschiedene Jahrgänge): Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe: Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen, Hilfe für junge Volljährige; Datenzusammenstellung und Berechnung des Forschungsverbundes DJI/TU Dortmund.

Abb. 2: Entwicklung des Anteils begonnener Vollzeitpflegen aufgrund einer Kindeswohlgefährdung bei unter 3-Jährigen (Deutschland; 2008-2020 begonnene Hilfen; in Prozent)

Quelle: Statistisches Bundesamt (verschiedene Jahrgänge): Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe: Erzieherische Hilfe, Eingliederungsilfe für seelisch behinderte junge Menschen, Hilfe für junge Volljährige; Datenzusammenstellung und Berechnung des Forschungsverbundes DJI/TU Dortmund.

Literatur

  1. BMFSFJ (2021): Kindertagesbetreuung KOMPAKT. Ausbaustand und Bedarf 2020.